Wie Sie sicherlich längst mitbekommen haben, greift die Frühsexualisierung immer stärker um sich. Schon den Jüngsten wird sie mit aller Gewalt aufdrückt. Kein noch so vermeintlich harmloses Kinderprogramm ist mehr vor ihr sicher. Selbst die Sendung mit der Maus ist Teil der Verschwörung, die Sesamstraße sowieso. Und von den Teletubbies wollen wir erst gar nicht anfangen… Höchste Zeit sich als besorgte Mutter zur Wehr setzen. Ohne Wenn und Aber. Denn es geht schließlich ums Kindeswohl.
Wir Mütter haben ja bekanntlich übersinnliche Fähigkeiten. Und ich als Dreifach-Entbundene ganz besonders. Wen wundert es da, dass mich neulich beim Einkaufen im Bioladen so ein komisches Gefühl überkam. Ein Kribbeln, ganz plötzlich wie aus dem Nichts. Irgendetwas stimmte nicht. Mein Bauchgefühl sagte es mir klar und deutlich. Jeremy-Pascal, mein Erstgeborener, das Gold meiner Lenden, war in Gefahr!
Schlagartig ließ ich die Bio-Zucchini fallen, rammte der nächstbesten Kundin den Einkaufswagen in die Kniekehlen – sie hatte keine Schwangerschaftsstreifen und war daher bestimmt keine Mutter – und stürmte zum Auto. Dreizehn rote Ampeln später hastete ich eilig den Grundschulkorridor entlang, näherte mich schließlich dem Klassenzimmer und riss die Tür auf.
Da sah ich es. Der Sexkoffer stand bereits auf dem Pult und wartete nur darauf, vor fünfundzwanzig paar unschuldiger Kinderaugen geöffnet zu werden. Meine mütterliche Intuition hatte mich also nicht getäuscht. Just in dem Moment, in dem die Kofferschnallen bedrohlich klickten, warf ich mich mit einem Schrei der Verzweiflung auf den Deckel, um die nahende Dildo-Flut zu stoppen.
Ein langer schmerzerstickter Schrei verriet mir, dass dabei offenbar die Finger des Klassenlehrers Herrn Blümel in Mitleidenschaft geraten sein müssen. Doch wer so wenig Fingerspitzengefühl besitzt, sollte sich darüber nun wirklich nicht beklagen. Seine Versuche, sich nachträglich herauszureden und den Sexkoffer als ganz gewöhnlichen Unterrichtskoffer zu verharmlosen, überzeugten mich nicht die Spur. Eine Mutter hat sowas nämlich im Gefühl.
Nur wenige Wochen nach dem Vorfall mit dem Sexkoffer überkam mich das seltsame Kribbeln erneut. Diesmal war ich gerade mitten in meiner wöchentlichen Tantra-Trommelsitzung. Alarmiert und angespannt bis aufs Äußerste wartete ich auf den passenden Takt, nur um Kursleiterin Gabriele beim nächsten Einsatz die Trommelstöcke gegen die Stirn zu werfen.
Wieder hastete ich mit wehenden Leinengewändern davon, die verdatterten Blicke der anderen Teilnehmerinnen im Rücken. Getrieben von der Sorge um meine geliebte Lavinia-Chayenne, warf ich mich hinters Steuer, drückte aufs Gaspedal und düste mit Lichtgeschwindigkeit Richtung Grundschule. Das Kribbeln wurde immer schlimmer und ein namenloses Unbehagen ermächtigte sich meiner. Irgendetwas war da im Gange. Oder zumindest im Wege, wie der komische Hydrant an der Bordsteinkante…
Auf dem Weg zum Klassenzimmer sah ich es. Ein Grauen breitete sich über meinen gesamten Körper aus. Da hing sie, die stoffgewordene Versinnbildlichung von Verdorbenheit und Unmoral. Eine Fahne – bunt und unschuldig wirkend. Ich spürte, wie das Blut in meinen Adern in Wallung geriet. Jedes Kind, das diese schamlose Aneinanderreihung von Farben zu Gesicht bekommt, würde einen bleibenden Schaden davontragen. Darin bestand überhaupt kein Zweifel. Die dunklen Machenschaften der Regenbogenmafia – hier in der Schule!!
Rauchwolken aus Ohren und Nase ausstoßend, schnaufte ich mir meinen Weg geradewegs Richtung Schulleitung. Denen würde ich was geigen! Doch was ich nun zu sehen bekam, übertraf meine schlimmsten Befürchtungen: Die Tür zur Aula stand weit offen. Im Inneren war lautes Lachen zu hören. Ich nähere mich dem Geschehen mit einer dunklen Vorahnung.
In der Mitte des Raumes saß ein Herr in aufreizenden Damenkleidern, das Gesicht hinter unzähligen Schichten von billigem Make-Up verborgen. Pfui, was für eine Schande! In den Händen hielt er ein Buch, umringt von Kindern. Und mitten drin: Lavinia-Chayenne! Keine Frage, das war eine dieser gefährlichen Drag Lesungen, vor denen bereits die ehemalige Elternsprecherin Frau Kloppenrath ausdrücklich gewarnt hatte. Indoktrination und Verwirrung für alle. Aber nicht mit mir!
Es konnte sich nach meinen Berechnungen nur noch um eine Frage von wenigen Minuten handeln, bevor die obligatorische Striptease-Einlage beginnen würde. Dann würde sich der abnorme Herr die Kleider vom Leib reißen und die geschockten Kinder auffordern es ihm gleichzutun. Im Namen der Freiheit und Toleranz. Eins, zwei, drei, vier… Dreiunddreißig nachhaltig traumatisierte Kinderseelen zählte ich. Die Situation ließ mir keine andere Wahl. Ich musste aktiv werden.
Fieberhaft suchte ich nach Möglichkeiten der Intervention. Das Spektakel musste gestoppt werden, bevor es seinen verstörenden Höhepunkt erreichte. Ein Spezialeinsatzkommando würde wohl nicht mehr rechtzeitig eintreffen, das war klar. Was also konnte ich tun? Während ich mich verzweifelt umsah, fiel mein Blick auf einen kleinen Kasten mit der einladenden Aufschrift „Scheibe einschlagen – Knopf tief drücken“. Das war die Rettung!
Beherzt zog ich mir die Birkenstocksandale vom rechten Fuß und schlug ohne lange zu überlegen mit der Schuhsohle die Glasscheibe ein, die wenig später in Splittern zu Boden fiel. Rumms! Dreiunddreißig Kinderköpfe und ein Paar falscher Wimpern drehten sich schlagartig in meine Richtung. Ein erster Etappensieg, schoss es mir durch den Kopf. Gerade, als der geschminkte Herr sich zum Abstreifen seiner Kleider von seinem Stuhl erheben wollte, drückte ich siegessicher auf den Knopf. Nur über meine Leiche, Herr Bartsch!
Ohrenbetäubendes Sirenengeheul, kreischende Kinder und wildes Getümmel. Das Chaos ließ nicht lange auf sich warten und bereitete dem geschmacklosen Schauspiel ein jähes Ende. Inmitten all des Durcheinanders schnappte mich mir die völlig perplexe Lavinia-Chayenne und bahnte mir hastig meinen Weg durch das Getümmel auf dem Korridor. Keine Sekunde länger würde ich mein hilfloses Kind dieser schrecklichen Gefahr aussetzen. Also rein ins Auto und mit quietschenden Reifen zurück ins heimische Nest.
Puh, geschafft! Diese Schlacht hatte ich gewonnen und nichts konnte mein Siegesgefühl trüben. Auch nicht die Klassenlehrerin, die mir später einreden wollte, dass es sich bei dem Herren in Damenkleidung bloß um die neue Musiklehrerin Frau Iwanova und bei der Regenbogenflagge um eine gewöhnliche Friedensfahne gehandelt haben soll. Einer Mutter wie mir macht keiner was vor! Was sind schon ein Hausverbot und dreißig Tagessätze à fünfzig Euro gegen die Gewissheit, Indoktrination und Frühsexualisierung erfolgreich die Stirn geboten zu haben…
Mütter wie ich lassen sich nicht durch Tatsachen beirren. Wir werden auch in Zukunft weiter kämpfen. Mit Scharfsinn und mütterlicher Intuition gegen die finsteren Machenschaften der Regenbogenmafia. Verführung und Rekrutierung haben bei uns keine Chance. Wer will es mit uns aufnehmen?